Wer kennt das nicht – man schaut sich Schuhe auf einer Shop-Website an und prompt verfolgen einen diese Schuhe auf den nächsten Seiten, auch wenn wir den Shop längst verlassen haben. Das finden viele unheimlich und suchen nach Strategien, um ihre Privatsphäre zu schützen. Jetzt könnten Sie einwenden: So neu ist das ja gar nicht, auch Tante Emma wusste ganz genau über die Bedürfnisse ihrer Kunden Bescheid. Das stimmt. Aber Tante Emma hat ihre Kundendaten mit ins Grab genommen. Und „das Internet“ vergisst nichts. Wer sich im Netz bewegt, hinterlässt Spuren. Und es ist ja schließlich auch einfach und angenehm, sich mit dem Facebook Login gleich beim Shop und vielen anderen Plattformbetreibern anzumelden, nicht wahr? Die großen Datensammler und die Werbetreibenden freut es ebenfalls – denn sie können den Kunden dann auf großen Strecken seiner digitalen Reise verfolgen und ihm immer wieder das Objekt seines Begehrens anzeigen, bis er schließlich schwach wird (oder seine Cookies löscht).
Muss man nun alles verurteilen, was die Unternehmen da treiben? Andreas Weigend, ehemaliger Chefwissenschaftler von Amazon, stellt dazu fest:
Datenvermeidung ist keine Option, Privatsphäre ein Anachronismus. (http://www.weigend.com/book/)
Nachdem digitale Kanäle einen immer größeren Raum unseres privaten und beruflichen Lebens einnehmen, müssen wir über Privatsphäre neu nachdenken. Im digitalen Raum geht es ihr eher wie den tropischen Inselstaaten angesichts des Anstiegs des Meeresspiegels: Es wird eng. Amazon macht es vor. Wer im E-Commerce wettbewerbsfähig bleiben will, der hat keine andere Wahl, als Kundendaten ebenfalls zu speichern, auszuwerten und zu verwenden. Customer Convenience und das Überleben auf dem Markt gehen Hand in Hand. Doch auch wenn Kundenorientierung und der Verlust von Privatsphäre im Handel 4.0 eng miteinander verknüpft sind, bleibt das Bedürfnis nach Privacy bestehen. Wo einheitliche Transparenzrichtlinien fehlen, können Unternehmen selbst aktiv werden und Position beziehen.
Der verantwortungsvolle Umgang mit Daten lässt sich gegenüber Kunden und Partnern auch positiv vermitteln. Dabei reicht es nicht aus, im Kleingedruckten auf Bestimmungen zur Datennutzung zu verweisen. Idealerweise wird das Thema Datennutzung zum integralen Bestandteil der Unternehmenskommunikation:
- Fassen Sie die wichtigsten Punkte aus Ihren AGB kurz und verständlich zusammen; erklären Sie, was die Bestimmungen zur Datennutzung konkret bedeuten und nutzen Sie dafür Beispiele
- Platzieren Sie Ihre Bestimmungen gut sichtbar auf Ihrer Website
- Legen Sie einen FAQ zur Datennutzung an
- Halten Sie Ihre Community via Social Media auf dem Laufenden:
- Bereiten Sie Entwicklungen und Neuigkeiten zum Thema verständlich für ihre Follower auf – Beamtendeutsch und Fachsprache vermeiden
- Positionieren Sie sich dazu und betrachten Sie das Thema aus mehreren Perspektiven: etwa der des Unternehmens und der Ihrer Kunden
Am Ende muss jeder Kunde selbst entscheiden, wie viel Privatheit er seiner Bequemlichkeit opfert. Unternehmen allerdings sind gut beraten, offen mit dem Thema umzugehen und können sich so sogar einen Vorteil gegenüber intransparenten Konkurrenten verschaffen.
Von Hans-Wilhelm Eckert
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