Manche Image-Kampagnen kann man mit einer großen Tüte Popcorn in der Hand verfolgen. „Super-geile“ Unterhaltung war etwa bei der Repositionierung Edekas und den Spots mit Friedrich Liechtenstein geboten. Auch die aktuelle Lindner-Kampagne der FDP bietet einiges Unterhaltungspotenzial. Ob die Aufregung über das Lindner-Plakat, an der man auf Twitter in letzter Zeit kaum vorbeikam, nun Teil der Strategie ist oder nicht, sei dahingestellt. Aus der Kritik, die sich unter dem Hashtag #Lindnersprueche formiert, lässt sich jedenfalls Einiges über die Fallstricke eines Imagewechsels in Zeiten von Social Media lernen.
Doch was ist das überhaupt: Image? Das Image ist ein Bild von jemandem oder etwas; es ergibt sich aus der Meinung über eine Person, ein Unternehmen, ein Produkt etc. Es ist nicht damit getan, einfach ein neues Design oder einen neuen Slogan einzuführen und eine nette Kampagne zu starten. Die Ziel-Öffentlichkeit muss dies auch als glaubwürdig empfinden und in ihr Bild vom Unternehmen integrieren. Dass Anspruch und Wirklichkeit voneinander abweichen, gehört zum Wesen der Positionierung. Kritisch wird es, wenn die Kluft zu groß wird und die Glaubwürdigkeit leidet. Dann kann man es noch mit der Antwort versuchen: Es ging uns ja darum, zu polarisieren und damit Aufmerksamkeit zu bekommen. Gut. Aber dann wird es spannend zu beobachten, ob die Person/ das Unternehmen/ die Partei noch der Diskussionen Herr wird und Deutungshoheit behaupten kann. Gerade in Zeiten von Social Media.
Schneller, vielfältiger und polarisierender. Angeheizt durch Fake News und Bots. Das ist das Echo aus den Social Media Kanälen. Eins ist sicher: Der Unterhaltungswert steigt damit. Und einige Zuschauer finden sich gerade deshalb in den Rängen, weil sie besonders krasse und deftige Beiträge beklatschen wollen. Ein wenig so wie man sich das Publikum in den Arenen im antiken Rom vorstellt.
Als Kommunikationsverantwortlicher steht man vor dem Spagat zwischen Belanglosigkeit und Reichweite. Die erste Frage ist: geht Reichweite nur über Polarisierung? Sicher, je schneller und massiver der Imagewechsel vollzogen werden soll, desto wichtiger wird Polarisierung. Beim Wahlkampf also sicherlich keine schlechte Option. Bei klassischer Unternehmenskommunikation ist das Vorgehen wohl eher selten erste Wahl.
Und falls doch, ist mein Immunsystem ausreichend geschützt, so dass ich im Ernstfall genügend Follower aktivieren kann, die mir beistehen? Dabei zählt nicht die reine Anzahl. Die lässt sich einkaufen. Was sie wert ist, zeigt sich im Krisenfall. Viel wichtiger ist hier, echte Mitstreiter zu haben, deren Commitment man durch kontinuierliches Networking und Community Management aufgebaut hat. Durch Geben und Nehmen, durch Teilen anderer Beiträge, Kuratieren Kommentieren und Liken. Eine solche organisch aufgebaute Followerschaft lässt sich dann auch aktivieren, wenn es ernst wird. Allerdings braucht der Aufbau Zeit. Unternehmen sind daher gut beraten, sich gerade in guten Zeiten zu wappnen und eine Gefolgschaft aufzubauen.
Jeder, der Social Media in die Unternehmenskommunikation fest integriert hat, weiß, dass zuverlässige Follower nicht einfach vom Himmel fallen. Helfen können hier nützliche Tools. So ist beispielsweise Hootsuite ein beliebtes Tool zum Social Media Monitoring; die verschiedenen Plattformen bieten in der Regel eigene Analytic-Tools; SproutSocial bietet ein Tool, um netzwerkübergreifend Social Media Engagement zu managen. Und schließlich Rebelmouse, ein in Deutschland noch relativ unbekanntes Tool, hat es sich zum Ziel gemacht, Social Media Kampagnen-Management umzusetzen. Vom ehemaligen CTO der Huffington Post entwickelt, unterstützt es Community Ausbau und Pflege mit einer eigenen, umfangreichen Datenbasis und einem leicht zu handhabenden Frontend.
Fazit:
Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Das Publikum will unterhalten werden, ein gut vorbereiteter Imagewechsel lebt von der Konsistenz und der Dramaturgie der Geschichte, die ich erzähle. Ohne Ecken und Kanten geht Positionierung nun mal nicht und so ist es im Social Media Zeitalter essentiell, dass sich Unternehmen mit einem wohlgesonnenen Publikum rüsten. Wichtig ist, dass die Ecken und Kanten einer Image-Kampagne kalkuliert und kalkulierbar sind und vor allem, dass es keine unscharf gezeichneten Stellen gibt, an denen Schaulustige und Konkurrenz weiterzeichnen können – so wie eben die #Lindnersprüche „konsequent weitergedacht“ wurden.
Von Hans-Wilhelm Eckert
Richtig lustig wurde es mit Lindners Kampagne ja dann mit dem #ThermiLindner-Hashtag – Lindner-Plakate und -Fotos mit Sprüchen von Thermomix-Vertretern unterlegt. Wie Lindner darauf einging, nämlich selbst mit einem witzigen Tweet, dass “Twitter heute hungrig” macht und es “Zeit wird, dass er nach Hause kommt .. #ThermiLindner” zeigte Selbstironie und ist meiner Meinung nach ein gut gelungener Weg, um Kommunikationshoheit wiederzugewinnen. Manchmal kann es einfach sein, aber man braucht natürlich eine gute Idee 🙂
Was die beiden Beispiele “Lindner” und “Edeka” meiner Meinung nach unterscheidet, ist die Stimmmung, die die jeweiligen Kampagnen schaffen wollen. Der super-geil-Werbespot war so überraschend witzig, dass es eventuellen Nachmachern, bzw. den Weiterzeichnern nicht möglich war das Original zu übertreffen oder besser zu parodieren. Dagegen lies der Versuch Lindner als den Politik-Rockstar zu portraitieren viel mehr Spielraum, die Kampagne mit Humor zu füllen, welcher im Original nicht zu finden ist. Worauf das hinaus läuft: Ich glaube mit einem gut ausgearbeitetem Witz hat man ein wohlwollenderes Publikum auf seiner Seite. Überstrapaziert man das Image des ernsten Politikers sorgen andere dafür, dass ein Witz entsteht.