15. Januar 2020 | cultundcomm, Others | 7 Kommentare

„Lust machen auf Digitalisierung“ – Stephanie Czerny und ihr Rezept für die Zukunft

Im Informationszeitalter spielt Digitalisierung eine zentrale Rolle. Soziale Netzwerke sind heute im Alltag verankert, die Zeitung am Frühstückstisch ist längst ein Relikt der Vergangenheit. Aber auch in der Wirtschaft, der Technologie- und Unterhaltungsbranche ist der Wandel längst vollzogen. Die Pionierarbeit ist geleistet, Veränderung, Weiterentwicklung und Flexibilität stehen im 21. Jahrhundert im Fokus. Für das „Insurance Magazin“ unseres Kunden Hoesch & Partner nutzten wir die Möglichkeit für ein interessantes Gespräch mit Stephanie Czerny, eine der weltweit wichtigsten Netzwerkerinnen und Gründerin der Digitalkonferenz DLD. Sie verriet uns, was mit der DLD auf sich hat, was ihre wichtigsten Anliegen sind und was die Digitalisierung für sie bedeutet.

Digitalisierung mit Neugier, Optimismus und Engagement begleiten
Der Ansatz von Stephanie Czerny ist, dem Menschen Digitalisierung näherzubringen – einem Prozess, der uns alle betrifft. Selbst in Bereichen, die man damit nicht unbedingt in Verbindung bringt. „Digitalisierung betrifft nicht nur den Technologiebereich in unserem Leben, sondern einfach alles.“ Czerny, Burda-Managerin und Geschäftsführerin der DLD (Digital Life Design), hat ein ganzheitliches Verständnis von Digitalisierung. So geht sie für die vierfache Mutter weit über den Technologiebereich hinaus und wirkt auch auf soziale, künstlerische und geschäftliche Themen. „Wir sollten den Wandel, in dem wir uns ja alle befinden, mit Neugier, Optimismus und Engagement begleiten“, so Czerny im aktuellen „Insurance – Das Magazin von Hoesch & Partner“.

Weit vernetzt – von Facebook bis Netflix
Für Czerny ist der durch Digitalisierung getriebene Wandel Lebensthema. Entsprechend hat sie ihren Fokus bereits früh ausgerichtet. Seit 2005 organisiert sie mit dem Burda-Verlag das große Digital-Treffen DLD in München. Daneben hat sie sich als Organisatorin weiterer Konferenzen in New York, Brüssel, Singapur und Tel Aviv sowie kleinerer Veranstaltungen in Palo Alto im Silicon Valley oder London als eine Größe in der High-Tech-Szene etabliert. „Wir sind ein internationales Netzwerk geworden. Und das macht mir großen Spaß“, sagt Czerny. Und es ist ein Netzwerk, das sich sehen lassen kann. Prominenteste Gäste in der DLD-Geschichte waren unter vielen anderen Satya Nadella (Microsoft), Reed Hastings (Netflix), und Facebook-Gründer Mark Zuckerberg.

Beobachtung und Vorausschau sind Kernkompetenzen, um Digitalisierung zu verstehen und mitzuprägen. Für Czerny geht es darum, Trends frühzeitig zu erkennen und ein Verständnis dafür zu haben, in welche Richtung sie sich entwickeln. Die Technologie ist für die Burda-Managerin dabei weniger interessant. „Mich faszinieren die Menschen, die diesen unglaublichen gesellschaftlichen Wandel vorantreiben. Ich will erfahren, wie sie ticken, was sie antreibt. Und insofern interessiert mich Digitalisierung“, so Czerny.

Künstler als Seismografen für Veränderungen
Als Kunst- und Kulturfan kann Czerny eine große Leidenschaft in ihren Arbeitsalltag einfließen lassen. „Künstler haben oft ein seismografisches Gefühl für Veränderung“, so die Burda-Managerin. Ai Weiwei zum Beispiel. Der chinesische Konzeptkünstler, Bildhauer und Menschenrechtler war als Trendscout bereits 2006 beim DLD dabei. Auch weitere Größen im weiten Feld der bildenden und darstellenden Künste waren bei den von Czerny organisierten DLD-Konferenzen dabei, darunter der dänische Künstler Ólafur Elíasson, Joko Ono oder Star-Pianist Igor Levit.

DLDwomen – mehr Frauen in techniklastigen Berufen
Die Abwesenheit von Frauen in vielen techniklastigen Berufen und Unternehmen – dem wollte Czerny mit einem eigenen Beitrag entgegenwirken. 2009 hob sie DLDwomen aus der Taufe und holte seither Frauen, die zu den Big Playern rund um das Thema Digitalisierung gehören. Ihr liegt sehr viel daran, die gleiche Anzahl weiblicher und männlicher Sprecher in die DLD-Konferenz zu integrieren. Czernys Rat an Frauen, die sich im modernen Deutschland als unterprivilegiert empfinden: „Wenn man eine Vision hat, ganz egal, ob als Mann oder Frau, muss man sie durchsetzen. Es liegt an uns selbst, das mit aller Kraft anzugehen.“ Zweifel lassen sich nur durch eine aktive Auseinandersetzung ausräumen. Die Frau, die sagt: „Aber ich traue mich nicht“, die müsse eben so lange an sich arbeiten, bis sie sich traue.

Fazit
Digitalisierung als Herausforderung verstehen und ihr mit Neugier, Offenheit und Engagement begegnen, das ist Stephanie Czernys Rezept für die Zukunft. Dreh- und Angelpunkt ist es, das eigene Netzwerk auf- und ausbauen und dabei über den Tellerrand schauen. Denn Digitalisierung findet nicht nur im technischen Umfeld statt, sondern auch in sozialen, künstlerischen und geschäftlichen Bereichen. Vor allem Künstlern und ihrer Arbeit misst Czerny viel Wert bei, gelten sie für die Burda-Managerin als Seismographen für Veränderung. Veränderung fordert sie im Übrigen auch von Frauen im technischen Umfeld. Mit Durchsetzungsvermögen und Beharrlichkeit die eigenen Visionen umsetzen und stark männlich geprägte Domänen wie techniklastige Berufe mit talentierten Frauen bereichern, ist eines der Ziele, die sie unter anderem mit der DLDwomen nachhaltig verfolgt.

Czerny hat eine klare Haltung zum Thema Digitalisierung. Wie stehen Sie dazu? Bedeutet der digitale Wandel für Sie Fluch oder Segen? Welche Vorteile sehen Sie und welche Gefahren?

7 Kommentare

  1. Fabian Haid

    Für mich ist die Auseinandersetzung mit der Digitalisierung nicht nur eine Herausforderung sondern eine Notwendigkeit für jeden. Wir sind heute mehr als jemals zuvor in der Lage, Informationen zu sammeln, aus allen möglichen Bereichen. Die große Chance liegt darin, diese Informationen nutzbringend einzusetzen. Genau darin liegt aber auch die Gefahr. Das Informationen falsch verwendet oder schlecht gefiltert werden. Vor allem bei letzterem sehe ich auf Seiten der Anbieter verschiedener Technologien noch viel Luft nach oben (Stichwort: Fake-News).
    Die Vorteile sind für mich, wie bereits erwähnt, die schiere Menge an Informationen die wir heutzutage sammeln und miteinander verknüpfen können. Wir mögen noch weit weg von tatsächlicher künstlicher Intelligenz sein, aber wir sind in der Lage Systeme autonom zu betreiben, die eigenständig in der Lage sind Daten zu sammeln und zu verarbeiten. Dadurch lässt sich z. B. Arbeit effizienter und sicherer gestalten.
    Dem gegenüber steht aber auch der steigende Anspruch an die Bediener solcher Systeme. Als angehender Technischer Redakteur weiß ich, wie hoch der initiale Instruktionsaufwand solcher Systeme ist. Vor allem Leute, deren Arbeitsplatz durch die Digitalisierung umgekrempelt wird, stehen dabei im Fokus. Die Kommunikation und der begleitende Change-Prozess erfordern viel Planung und Rücksicht. Werden diese nicht geliefert, so bleibt am Ende ein Mensch auf der Strecke.

    Dennoch sehe ich die Digitalisierung grundsätzlich als positiv und als Chance an. Es kommt nur darauf an, wie wie man sie angeht.

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  2. Nadja Büngers

    Wir leben heutzutage, wie oben von Stephanie Czerny beschrieben, in einem Informationszeitalter. Das bedeutet, ein Internetnutzer hinterlässt digitale Fußstapfen, egal auf welcher Website er sich befindet und unabhängig davon, ob er einen Beitrag ins Netz stellt oder nicht. Da es sich hierbei um wertvolle Daten handelt, werden diese Fußstapfen gespeichert und um dieser Masse an Daten hinterherzukommen, benötigt es mehr und mehr Digitalisierungsprozesse.

    In meinem Umfeld haben viele Menschen ein sehr negatives Bild von der Digitalisierung, da sie das Verlieren von Jobs oder die Übernahme der Technik im Alltag mit diesem Prozess in Verbindung bringen. Diese Ansicht ist, betrachtet man einige der gegebenen Informationen über die Digitalisierung, nicht unberechtigt, jedoch teile ich sie nicht.

    Die Welt verändert sich zunehmend und die Digitalisierung ist ein Prozess, der in vielen Bereichen schon durchgesetzt wurde. Alte Jobs werden durch neu entstehende Jobs in der Technikwelt ersetzt. Mit der Digitalisierung verändert nicht nur die Arbeitswelt sondern vor allem die Art, wie wir Menschen uns unser Wissen aneignen.
    In einer schnelllebigen Gesellschaft gilt dementsprechend auch, sich immer wieder neu zu entwickeln und Neues zu erlernen, so wie es das Sprichwort “Man lernt nie aus” beschreibt.
    Ich stimme Fabian Haid aus dem vorherigen Kommentar zu, dass der Fokus darauf liegen sollte, den Menschen eines Unternehmens die Schritte in Bezug auf die Digitalisierung und neuen Jobs aufzuzeigen und zu erklären. Sie sollten die Möglichkeiten bekommen, sich schon zum jetzigen Zeitpunkt mit Digitalisierungsthemen vertraut zu machen und sich in diese Richtung weiterzuentwickeln. Auf diese Weise wird im besten Fall dafür gesorgt, dass kein Mitarbeiter durch die Digitalisierung überrumpelt wird oder seinen Job verliert.
    Schaut man sich den aktuellen status quo an, lässt sich feststellen, dass die Technik in unserem Alltag schon in großen Teilen integriert ist und wir das nicht automatisch als unangenehm empfinden.
    Grundsätzlich bin ich ein Befürworter der Digitalisierung, sehe aber die Gefahr, gerade in Deutschland, in der Tatsache, dass die Technik schon fortgeschritten ist während die hierfür benötigte gesetzliche Basis und Regulationen noch lückenhaft sind bzw. fehlen. Dies lässt sich gut in der Automobilbranche, speziell in Bezug auf das komplett autonom fahrende Auto, beobachten.

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  3. Tim Tillack

    Die Folgen der Digitalisierung sind nicht nur, dass durch neue Technologien Medien, Produkte und Formate digital aufbereitet werden, wie sie es zuvor in ähnlicher Weise analog worden sind (beispielsweise E-Books statt Büchern, Smartphone mit Touch-Display statt Handy mit Tasten, Digitaluhr statt Analoguhr etc.), sondern eben auch, dass sich die Art und Weise der Nutzung und des Umgangs mit Medien selbst verändert, und zwar in ganz verschiedenen Bereichen: Der Konsum von Filmen und Serien etwa gestaltet sich durch Streamingdienste anders als durch das klassische Fernsehen, Nachrichten werden durch Push-Benachrichtigungen und permanente Verfügbarkeit anders aufbereitet, die Debattenkultur im Netz trägt neue Umgangsweisen mit (falschen oder richtigen) Informationen und Moderationsweisen zur Schau, generell schrumpft die Schwelle zur Partizipation in vielen Bereichen. Dies kann natürlich ein demokratisierendes Moment und demzufoge eine große Chance beinhalten, doch wie meine Vorredner*innen teile ich die Ansicht, dass man sich – gerade den veränderten bzw. neuen Umgangsweisen geschuldet – auch der Gefahren hiervon bewusst sein und diese mitreflektieren muss.
    Stephanie Czerny sagt richtigerweise: „Digitalisierung betrifft nicht nur den Technologiebereich in unserem Leben, sondern einfach alles.“ Und eine Voraussetzung dafür, dass der Zugang zur digitalen Welt allen offensteht, ist natürlich, dass Personengruppen von diesem Prozess nicht ausgeschlossen werden, weshalb ich Formate wie DLDwomen sehr bergrüße.

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  4. Robert

    Mir persönlich fällt es schwer, die Digitalisierung zu kategorisieren in Fluch oder Segen, da die Entscheidung hier irrelevant ist. Die Digitalisierung ist da und sie wird voran schreiten, es spielt keine Rolle, ob man sie mag oder nicht. Man muss sie akzeptieren, selbst, wenn man die Digitalisierung nicht so toll findet.
    Ich sehe viele Überschneidungen von Fra Czernys Meinung und meiner Meinung, jedoch darf ein Aspekt nicht vernachlässigt werden: Die Übergangsphase bei den Einzelnen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ist die große Herausforderung. Oftmals muss man damit beginnen, eine digitale Lösung mit einem offline Konzept zu verbinden, um so die Menschen an das Thema heranzubringen und ihnen die Angst vor der Digitalisierung zu nehmen.

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  5. Madeleine

    Die Frage, ob die Digitalisierung Fluch oder Segen ist, ist hier wohl etwas zu pauschal gestellt und objektiv vermutlich nicht zu beantworten. Letztlich – da stimme ich Robert zu – ist sie vermutlich auch irrelevant.

    ‘Digitalisierung’ ist ein wahnsinniger weiter Begriff und umfasst mittlerweile fast alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens. In jedem dieser Bereiche ergeben sich Vorteile und Herausforderungen. Ich würde nicht von Gefahren sprechen, damit macht man Skeptikern oft Angst. Aber die Herausforderungen sind nicht zu vernachlässigen, insbesondere bezüglich Datenschutz und -sicherheit und hinsichtlich ethischer Fragen. Gerade rund um Künstliche Intelligenz wird aktuell viel diskutiert. Das beginnt bei der Frage nach der Balance zwischen gesetzlicher Regulierung und innovativem Freiraum für Unternehmen und Start-ups, die KI entwickeln. Welche Gesetze braucht es, um den Schutz unserer Daten und der Entscheidungshoheit von Menschen sicherzustellen? Welche Freiräume braucht es gleichzeitig, damit wir nicht Gefahr laufen, uns durch übermäßige Regulierung um einen Wettbewerbsvorteil und Innovationen zu bringen? Schließlich stellt sich die Frage, welche Entscheidungen eine KI treffen darf. Das betrifft besonders den Bereich der Medizin und der Pflege sowie den des autonomen Fahrens, wo es um Entscheidungen über Leben und Tod geht. Auf Basis welcher Daten trifft die Maschine eine Entscheidung? Wie weit darf sie dabei gehen?

    Das Thema der Digitalisierung ist zu breit, um es an dieser Stelle ausführlich zu diskutieren. Sie ist weder nur Fluch, noch nur Segen. Es ergeben sich sowohl Vorteile (Bequemlichkeit, Vernetzung etc.), wie wir sie alle bereits kennen, als auch Nachteile und Herausforderungen, zu denen sich Politik, Wirtschaft und Wissenschaft gemeinsam Gedanken machen müssen. Letzlich muss jeder für sich entscheiden, wie weit die Digitalisierung Einzug im eigenen Leben halten soll.

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  6. Daniel Becker

    Die Digitalisierung ist ein unabdingbarer Megatrend unserer Gesellschaft und wie bereits erwähnt wurde, ist er weder zu kategorisieren noch zu verteufeln oder anzuhimmeln. Für einige Branchen ist die Digitalisierung mit Sicherheit mehr Fluch als Segen, allerdings auch nur, weil diese Segmente, beispielsweise die Zeitungsverlage, es verpasst haben, die Digitalisierung zu erkennen und entsprechende Angebote an den Markt zu bringen. Selbstverständlich haben die Zeitungen Online-Angebote wie Abonnements oder Micro-paying für einzelne Artikel, aber es stellt sich die Frage, ob das zeitgerecht und vor allem marktgerecht ist? In einer Studie von 2012 – ich kann die Quelle gerade leider nicht angeben – gaben über 50 Prozent der befragten Vertreter von Verlagen an, dass die Digitalisierung in ihrem Unternehmen keine oder eine untergeordnete Rolle spiele.
    Für andere Branchen, vermutlich die große Mehrheit, ist die Digitalisierung ein Segen und vermutlich auch für die Gesellschaft per se wird sich die Digitalisierung in einigen Bereichen als Fortschritt und “Revolution” herausstellen.

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  7. Sophia Aigner

    Ich stimme zu, dass die Frage, ob Digitalisierung als Fluch oder Segen zu sehen ist, vermutlich hinfällig ist und in Zukunft immer weiter fortschreiten wird. Besonders die aktuelle Corona-Krise hat dazu geführt, dass unweigerlich ein enormer Digitalisierungssprung passiert ist. Aber man muss bedenken, dass dieser Fortschritt vielen Menschen Angst macht und das aus berechtigten Gründen. Hier geht es um den Arbeitsplatzverlust, die Angst um die eigenen Daten oder den Respekt vor der Technik an sich. In meinem Arbeitsalltag begegne ich oft Menschen, denen es an grundlegendem technischen Wissen fehlt und die sich oftmals von dieser Veränderung überfordert fühlen. So wie also die Digitalisierung fortschreitet, müssen auch Maßnahmen und Angebote geschaffen werden, um diese Menschen abzuholen und zu integrieren. Und dazu hat die Digitalisierung sicherlich die Fähigkeit, denn was könnte besser vernetzen!

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