24. März 2016 | cultundcomm | 4 Kommentare

Radikal dank Social Media? Warum es sich lohnt, das soziale Immunsystem eines Unternehmens zu stärken

Radikalisiert sich unser Land? Wer die Sozialen Medien durchforstet, stellt schnell fest, dass sich radikale und extreme Meinungsäußerungen nicht mehr auf verborgene Foren beschränken, sondern inzwischen sehr prominent auf Facebook auftauchen. Besonders deutlich wird dies bei der Hetze gegen Flüchtlinge und Ausländer. Viele Nachrichtenmagazine sperren ihre Kommentarfunktionen bei einschlägigen Artikeln, um diesen Äußerungen nicht noch ein Forum zu bieten. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Unternehmen sind ebenfalls längst Ziel von Angriffen. Und dies betrifft längst nicht mehr nur diejenigen mit einem großen Profil wie den Handelskonzern Amazon oder ein NGO wie den WWF. Auch ein ökologischer Landwirtschaftsbetrieb aus dem Osten Münchens kann auf diese Weise schnell in Bedrängnis kommen.

Dies macht deutlich: Immer mehr Unternehmen können in Situationen geraten, in denen sachliche Argumente nicht mehr verfangen und sich Emotionen Bahn brechen. Und zwar auch dann, wenn sie selbst gar nicht in den sozialen Medien aktiv sind. Sind sie einmal das Ziel von Attacken, bricht im schlimmsten Fall blanke Panik aus. Unternehmen sind deshalb gut beraten, sich auf solche Situationen vorzubereiten – und zwar am besten lange vorher mit einer Immunisierungs-Strategie. Denn die meisten Fehler passieren vorher. Und der größte ist zu glauben, man sei nicht betroffen.

Radikal dank Social Media – Ursachen

Um sich wirksam darauf vorzubereiten, lohnt ein Blick auf die die Ursachen für das Anwachsen der extremen Inhalte. Zum einen ist es die Enthemmung, die durch ein fehlendes reales Gegenüber gefördert wird. In einem Sozialen Medium ist es leichter, extreme Inhalte zu veröffentlichen und Kommentare zu schreiben, als dies direkt gegenüber einem Menschen zu tun.
Verstärkt wird dieses Verhalten zum anderen durch den Nutzerzuwachs, den Facebook in den vergangenen Jahren zu verzeichnen hat. Für immer mehr Nutzer wird Facebook zur wichtigsten Nachrichtenquelle, was uns zum dritten und wichtigsten Punkt führt:
Denn vor allem wird das Phänomen der sogenannten Filter Bubble zugeschrieben, deren Wirken Eli Pariser in seiner brillanten Analyse der Personalisierungs-Strategien von Google und Facebook beschrieben hat. Pariser und seine Anhänger vertreten die Ansicht, dass die Personalisierungs-Filter der großen Datenkonzerne den mündigen Bürger zum willenlosen Konsumenten umerziehen. Und zwar ohne, dass der dies bemerkt. In der personalisierten Welt werden wir nur mit angenehmen, vertrauten und uns selbst bestätigenden Inhalten versorgt. Er fühlt sich einfach nur verstanden, weil er sich in einer Gesellschaft von Seinesgleichen sicher wähnt. Störende Fremdmeinungen filtert ein wohlmeinender Algorithmus heraus. Das einzige Feedback dieser Welt ist das Echo unseres eigenen Rufens. [Tweet “Das einzige Feedback dieser Welt ist das Echo unseres eigenen Rufens @comMUNICHation“]Und so fühlen sich auch Hasskommentatoren bestätigt und bestärkt in ihrem Tun. Auch die Kritiker von Eli Pariser konnten die These nicht wirklich wiederlegen.

Immunisierungs-Strategie für Unternehmen

Unternehmen sind gut beraten, sich auf solche Situationen vorzubereiten und sich für den Unmut, der sich in sozialen Netzwerken, Blogs und den Kommentaren von Webseiten entlädt, zu rüsten. Und wenn er dort gelandet ist, zu verhindern, dass das Thema die Online-Portale und journalistischen Medien erreicht.
Die beste Strategie ist es, das Unternehmen langfristig zu immunisieren und eine Reputation aufzubauen, die Angriffsflächen verringert. Dazu sind vor allem zwei Dinge wichtig: Antennen für die Stimmungslage zu entwickeln und geeignete Unterstützer zu finden.
Erstens ist für Stürme, die sich zusammenbrauen, ein gutes Monitoring wichtig. Bei Unternehmen mit einem kleinen öffentlichen Footprint kann dies manuell erfolgen durch regelmäßigen Besuch der einschlägigen Foren und die Einrichtung von Alerts. Bei Unternehmen mit großer Öffentlichkeit ist ein Tool-gestütztes Monitoring unabdingbar. Zweitens ist der Aufbau und die kontinuierliche Pflege eines Unterstützer Netzwerks erforderlich. Hier gilt es, relevante Multiplikatoren, Blogger, Journalisten und Communities zu identifizieren und mit ihnen in einen regelmäßigen, offenen Austausch zu treten. Hier ist es wichtig, die Lehren aus dem Monitoring zu ziehen, zuhören zu lernen und zu verstehen, was den jeweiligen Menschen wirklich hilft. Die Personalisierung spielt dabei eine zentrale Rolle. Nur relevante Inhalte haben eine Chance, bei der Zielgruppe rezipiert zu werden. Verzichten Sie auf Standard- Produktkommunikation nach dem Motto „Wir sind die Größten, Besten, Schnellsten“. Das glaubt ohnehin niemand mehr. Hilfreiche, im jeweiligen Kontext Nutzen stiftende Informationen sind gefragt.

 

 

Von Dr. Hans-Wilhelm Eckert

 

4 Kommentare

  1. Ga La

    Meine Meinug ist ähnlich wie die Ansicht die auch aus dem aussagekräftigen Text hervogeht.
    Und
    zwar vorbereitet sein ist alles! Wir stecken momentan in so einer
    Krisenzeit, dass auch nur der kleinste Fehler schwerwiegende Folgen für
    ein Unternehemen aber auch für den Einzelnen mit sich bringen kann.
    Das Immunisieren eines Unternehmens klingt plausibel und mehr als sinnvoll.
    Mit
    einem Guten Backround und dem richtigen Gespür für heikle
    Angelegenheiten kann man an Hand von diesen oben dargestellten Strategie
    das eigene Unternehemen auf gutem Wege stärken und Immun machen.

    Antworten
  2. Ga La

    Vorbereitet sein ist alles!
    Wir stecken momentan in so einer Krisenzeit, dass auch nur der kleinste Fehler schwerwiegende Folgen für ein Unternehmen aber auch für den Einzelnen mit sich bringen kann. Das Immunisieren eines Unternehmens ist mehr als sinnvoll. Mit einem guten Background und dem richtigen Gespür für heikle Angelegenheiten kann man das eigene Unternehmen auf gutem Wege stärken und immun machen.

    Antworten
  3. Magdalena H

    Je präsenter ein Unternehmen in den sozialen Medien ist, desto mehr Angriffsfläche
    bietet es. Eine sorgsame Pflege und Kontrolle der verwendeten Kanäle ist
    deshalb die Basis, um sich gegen potentielle Angriffe zu schützen. Vorsicht ist
    dabei natürlich besser als Nachsicht, vor allem, wenn man bedenkt, wie schnell
    aufgrund der weitreichenden Vernetzung ein großer Schaden entstehen kann. Die
    hier angesprochene Filter Bubble ist wahrscheinlich das größte Problem, denn es
    ist nicht klar erkennbar. Präventionsmaßnahmen wie
    Immunisierungs-Strategien haben daher oberste Priorität, um die ohnehin nicht
    immer einfache Kommunikation in Social Media im Kern zu stärken.

    Antworten
  4. BS

    Ein gewisser Grad an Anonymität ist der Kommunikation im Internet, speziell Plattformen wie Facebook, inhärent. Kombiniert mit den richtig erkannten Ursachen können Unternehmen, ob selbst verschuldet oder nicht, schnell nicht gewollte öffentliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Vor allem die „Filter Bubble“ als Ursache ist weiter zu denken. Das Phänomen greift hier eventuell etwas zu kurz, wenn die Rede ist von einem „versorgt werden“ durch große Datenkonzerne. Selbst wenn dieser passiven Versorgung entgegengewirkt werden kann, bleibt immer noch das Problem der aktiven Selbstversorgung der Nutzer. Eine Mehrheit der Nutzer solcher Plattformen lässt sich in seinem Newsfeed in der Regel durch ein „Gefällt mir“ auf den jeweiligen Seiten von diesen informieren. Die Auswahl dieser Seiten basiert in der Regel auf einer Übereinstimmung mit der eigenen Sichtweise. Vor diesem Hintergrund kommt den angesprochenen Immunisierungsstrategien noch mehr Bedeutung zu, da das „Echo des eigenen Rufens“ womöglich intensiver als beschrieben ausfällt.

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