Als die Internet-Welt noch in Ordnung war, begann jede Suche bei Google & Co. Und jeder Content hatte eine Heimat: die Homepage des Medienhauses, der Corporate Website, des Blogs etc.. Die Social Media Kanäle waren in erster Linie dazu da, die Besucher auf die Inhalte der Homepages zu lenken.
Das ändert sich gerade. Immer mehr Content ist heimatlos – „Homeless Media“ nach einer Wortschöpfung von Francesco Marconi, Strategy Manager bei der Nachrichtenagentur „Associated Press“.
Der Begriff führt ein wenig in die Irre. Denn heimatlos sind die meisten Inhalte natürlich nicht, sie werden immer noch auf den Homepages der Medienhäuser und der Unternehmen veröffentlicht. Aber sie werden immer weniger dort konsumiert, kommentiert und geteilt, wo der Veröffentlichende die Deutungshoheit hat und den Kontext bestimmt.
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Der „fürsorgliche“ Algorithmus verdrängt die Suche
Mit dem Wachstum der Social Media Kanäle bestimmten Newsfeeds, kuratierte und syndizierte Inhalte die Wahrnehmung der Nutzer. Der Kontext dieser Kanäle wird aber durch ganz andere Faktoren bestimmt, nämlich durch die Algorithmen der Kanalbetreiber (eine sehr gute Beschreibung des Newsfeed bei Facebook gibt es bei techcrunch.
Je jünger die Nutzer sind, desto größer ist der Einfluss. Inzwischen informiert sich fast die Hälfte der 18-29 Jährigen zu aktuellen Nachrichten über den Newsfeed ihrer favorisierten Social Media Kanäle, wie eine Deutschland-Studie von Next Media zeigt.
Geschäftsmodell der Medienhäuser und Suchmaschinen betroffen
Das ist nicht nur für den eigenen Wahrnehmungshorizont der Nutzer (siehe Blogbeitrag “Radikal dank Social Media”) relevant. Es hat auch gravierende wirtschaftliche Auswirkungen auf das Geschäftsmodell der Suchmaschinenbetreiber, das Anzeigengeschäft der Homepage-Betreiber und die Bezahlmodelle der Medienhäuser.
Kooperationen zwischen Social Media Kanälen und Medienhäusern zeigen, wie ernst die Medien den Trend nehmen. Plattformen wie etwa Buzzfeed leben davon, dass sie ihren Content für Social Media optimieren.
Google hat den für das eigene Geschäftsmodell gefährlichen Trend erkannt. So fördert die Google Digital News Initiative (DNI) innovative journalistische Projekte. Ein Ziel ist es dabei, ein Gegengewicht zu den Social Media Kanälen zu bilden und dafür zu sorgen, dass Inhalte frei auffindbar sind und sie gezielt zum richtigen Zeitpunkt an die passende Zielgruppe distribuiert werden können.
Was bedeutet Homeless Media für Unternehmen?
Die Grundregel, dass Inhalte dorthin müssen, wo sich der Nutzer aufhält, hat weiterhin Bestand. Unternehmen sind gut beraten, das Verhalten ihrer Nutzer zu beobachten und dabei ein besonderes Augenmerk auf die Customer Journey in den Social Media Kanälen zu richten. Dabei spielen auch Erfahrungen der Nutzer im privaten Bereich eine Rolle. Denn B2B Entscheider nutzen die Erfahrungen ihrer persönlichen Mediennutzung auch in ihrem beruflichen Umfeld.
Veränderungen im Verhalten haben Auswirkungen auf den Mediamix, den Unternehmen bespielen sollten. So bestimmen sie die Rolle der Corporate Homepage neu (siehe auch den Beitrag von Anke Triebe „Bye-bye klassische Unternehmens-Homepage – Hello Content.“). Sie wird, wie Richard Gutjahr in einem Interview zu Homeless Media beschreibt, künftig eher die Anlaufstelle für die zeitlosen Inhalte sein, eine Art Showroom für das Leistungsspektrum des Unternehmens.
Im Hinblick auf die Social Media Kanäle sollten Unternehmen sich ansehen, wie sie die Balance zwischen Bestandskundenpflege und Neukundenakquise gestalten. Die meisten B2B Unternehmen haben hier bisher den Fokus auf die Pflege bestehender Beziehungen gelegt. Mit dem veränderten Verhalten können Kontakte auch in einem früheren Stadium der Customer Journey angebahnt werden.
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