30. November 2015 | cultundcomm | 5 Kommentare

Von der Kommunikation zur Konversation

Dominierte früher die klassische Push-Kommunikation über Einweg-Kanäle um Aufmerksamkeit zu generieren, Informationen zu vermitteln und zu versuchen, Vertrauen in den Zielgruppen aufzubauen, so hat sich diese Art der Kommunikation drastisch verändert. Seit der Globalen Finanzkrise, während der ans Licht kam, dass sich viele Finanzinstitute, die noch kurz vorher als grundsolide galten und hohe Reputation genossen, durch zweifelhafte Geschäftspraktiken und fragwürdiges Verhalten auszeichnen, wollen Öffentlichkeit und Kunden mehr als eine schlichte Pressmitteilung. Wer kann ihnen vorwerfen, dass sie irgendwelchen schlecht informierten, tendenziösen und Meinung machenden Twitter-Kommentaren Glauben schenkten, bevor sie den Schrieb eines COEs bekamen? [Tweet “Die Öffentlichkeit will eine Konversation, keine Pressemitteilung!”]

Vom Monolog zu Multi-Channel

Dieses anhaltend vorherrschende Muster erfordert andere, neue Kommunikationsabläufe. Gefragt sind Profis, die die Kunst der Konversation, die Kunst der Unterhaltung beherrschen, in der Lage sind, die Öffentlichkeit und die Kunden auf authentische Art und Weise direkt einzubinden – über all ihre Kanäle, Formate und Gesprächsrituale. Für die Professionals in den Kommunikationsabteilungen heißt das, Zeit und Ressourcen von News-Medien abzuziehen und sich viel massiver direkt den Endzielgruppen zuzuwenden, wenn auch die Presse nach wie vor eine wesentliche Einflussgröße der Meinungsbildung bleibt.

Kreativ statt reaktiv – Konversation heute

Das bedeutet aber für die Kommunikatoren in den Unternehmen, den Instituten, in Gesellschaft und Politik zunächst die Kontrolle über die Sozialen Medien aus den Händen der Marketing-Teams zu nehmen, die Social Media als reinen Übertragungsmechanismus betrachten und die digitalen, sozialen Netzwerke von Menschen als Plattform zum vorwiegenden Austausch zu Sachverhalten, meist mit Vertriebs- und Servicebezug zu benutzen. Das bloße Reagieren auf Stimmungen in den Sozialen Medien, wie es von sehr vielen Unternehmen praktiziert wird, ist passé! Veränderung ist mehr als nötig.

Der Schlüssel liegt darin, Anlass und Inhalt für eine einzigartige Geschichte zu finden und dann aktiv die Konversation beginnen. Die richtige Geschichte erzählen zu können, heißt die Kunst. Mehr denn je müssen die Kommunikationsexperten in der Lage sein, die Story zu finden – in Ankündigungen, bei verschiedenen Anlässen, in diversen Sachverhalten etc. Und vielmehr noch: sie müssen in der Lage sein, die gefundene Geschichte fesselnd, unwiderstehlich und hochinteressant zu erzählen – in unterschiedlichen Formaten.

[Tweet “In der Unternehmenskommunikation sind journalistische Fähigkeiten wieder gefragt”]

Und das heißt im Umkehrschluss: Menschen mit journalistischen Fähigkeiten sind wieder gefragt! Ein Abschluss in Kommunikationswissenschaften, eine Karriere im Personalwesen oder im Bereich Investor Relations wird bei weitem nicht mehr ausreichen.

Von Fritz Nollert

 

5 Kommentare

  1. Signe Decker

    Wie wahr, wie wahr

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  2. Janna L.

    Diese Einschätzung ist sehr interessant. Ich hoffe, dass sich eine Entwicklung hin zur Konversation durchsetzen wird. Am Ende werden alle Parteien davon profitieren.

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  3. Barbara G

    Die Sozialen Medien verändern die Unternehmenskommunikation.
    Sie vergrößern die Möglichkeiten zur Konversation. Journalistische Fähigkeiten
    sind für die Kommunikatoren dabei mit Sicherheit unerlässlich. Aber sie alleine
    reichen meiner Meinung nach nicht aus. Damit Kommunikatoren beispielsweise in
    der Lage sind, die gefundenen Geschichten in unterschiedlichen Formaten zu
    erzählen, benötigen sie auch technisches Know-how wie Grafik- und
    Bildbearbeitungsprogramme, Programmiersprachen oder Content-Management-Systeme.
    Kommunikatoren werden somit immer mehr zu Teilspezialisten unterschiedlicher
    Disziplinen.

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  4. Sarah K.F.

    Ein gelungener Umriss der Entwicklungen in der Unternehmenskommunikation. Ich kann mich Barbara G nur anschließen. Gute, umfassende und aktuelle PR Arbeit setzt sowohl eine gute Schreibe als auch technische Versiertheit mit ein. Ohne das ein oder das andere geht es – aber eben mehr schlecht als recht. Online finden sich Massen an schlecht recherchierten, uninspirierten Texten, die keine Lust am Lesen wecken. Doch auch die Optik spielt eine maßgebende Rolle, damit nicht weggeklickt wird. CMS und SEO sind heute Schlüssel zu zielführender Online PR. Doch allem voran steht nach wie vor eine Message mit Substanz, eine nachhaltige Aussage. Sprache und Information gelungen zu vereinen, das ist das Ziel. Die neuen Techniken der Weg.

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  5. Jessica Deringer

    Stimme der Wichtigkeit journalistischer Fähigkeiten zu, wobei die ja heute selbstverständlich technisches Knowhow beinhalten. Für die PR können Geschichten ein echter Mehrwert sein, wenn sie gut erzählt und AUTHENTISCH sind. Das heißt. z.B, dass der Fall eines Mitarbeiters nicht nur einen Artikel darüber anteasert, wie erfolgreich sein Unternehmen ist, sondern es wirklich um diesen Mitarbeiter und seine persönliche Story mit dem Unternehmen geht (auch wenn es da mal Schwierigkeiten gab) – sodass dem Leser nicht schon die komplette Meinungsbildung abgenommen wird (Stichwort Vertrauen aus dem aktuellen Post zu PR-Trends). Denn Konversation ist eben kein Diktieren, sondern passiert auf Augenhöhe (und nur dann wird der Leser – bzw. der Konversationspartner – reagieren).

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