25. September 2020 | cultundcomm | 0 comments

Wieso aus dem Klimawandel die Klimakrise werden sollte – die neue Verantwortung des Nachhaltigkeitsjournalismus

Umwelt, Klimaschutz, Fridays for Future, Artensterben – das sind die Buzzwords unserer Zeit, die besonders aus der Gen Z nicht mehr wegzudenken sind.

Die Trends gehen hin zu ökologischem Bauen, Recycling, Upcycling, Kreislaufwirtschaft, nachhaltig hergestellten Produkten und Services usw.

Das Thema Nachhaltigkeit betrifft jeden von uns. Längst ist das Thema auch im Journalismus angekommen und wird immer häufiger zum Mittelpunkt von Redaktionssitzungen. Dabei stellt sich im Nachhaltigkeitsjournalismus mehr denn je die Frage: Was darf er, was darf er nicht? Denn im Umgang mit Leugnern des Klimawandels und mit Relativisten kann es selbst gestandenen JournalistInnen schwerfallen, objektiv zu bleiben – schließlich lässt sich der Klimawandel schlicht nicht mehr von der Hand weisen. Sich mit einer Sache gemein zu machen, selbst einer Guten, ist ja nicht der journalistische Auftrag.

Alles beim Alten

Erst einmal bleiben die Grundsätze des Nachhaltigkeitsjournalismus also die gleichen wie bei jeder anderen Sparte des Journalismus auch.

Auftrag des Journalisten ist es, objektiv und neutral über ein Thema zu informieren. In erster Linie wollen Rezipienten nämlich Orientierung erhalten. Eine gut recherchierte Faktenbasis ist zentral, um den Lesern zu helfen, sich ihre eigene Meinung zu bilden.

Entsprechend soll Nachhaltigkeitsjournalismus Standpunkte der Vertreter unterschiedlicher Lager und Meinungen vermitteln und im besten Fall zum Dialog anregen.

Alles Neu

Mehr denn je trägt Nachhaltigkeitsjournalismus gesellschaftliche Verantwortung. Neben all der Neutralität, der ordentlichen Recherche und der korrekten Faktenbasis braucht es aber auch Journalisten, die Haltung zeigen.

NachhaltigkeitsjournalistInnen, die dabei kritisch bleiben – auch gegenüber den vermeintlich Guten – sind in ihrer Berichterstattung glaubwürdig und bieten Identifikationsfläche. Die perfekte Basis für eine gute und stringente Argumentationskette. Wichtig wie immer: Transparenz. Wer sich als Journalist gleichzeitig als Umweltaktivist einsetzt, ist gut beraten, das transparent intern und extern darzustellen.

Soviel zu den Grundvoraussetzungen. Zum Nachhaltigkeitsjournalismus gehört aber noch viel mehr als das, um nachhaltig auf Gehör zu stoßen.

Was brauchen wir dafür?

Zunächst brauchen wir ein stärkeres Wording. Der Begriff „Klimawandel“ bezeichnet erst einmal eine Veränderung. Dass diese Veränderung uns allen zum Verhängnis wird, wenn wir sie nicht aufhalten, wird nicht klar. Außerdem ist der Begriff oftmals schon so negativ behaftet, dass viele ihn nicht mehr hören wollen. Wie wäre es also stattdessen mit der Klimakrise oder der Klimakatastrophe, um die Dringlichkeit der Entwicklung zu vermitteln? Aus der einfachen globalen Erwärmung kann entsprechend die globale Erhitzung werden. Und so weiter.

Noch sind die Auswirkungen der Klimakrise für uns Deutsche nicht direkt spürbar; zumindest nicht im alltäglichen Leben. Das bedeutet, dass die Berichterstattung über das Thema oft noch sehr abstrakt und in vielen Fällen sperrig ist. Das ändert sich aber gerade. Der Trend im Nachhaltigkeitsjournalismus geht weg vom bloßen Berichten und hin zum Bewegen. Kognitiv wie emotional muss klar gemacht werden, wie dringlich die Situation ist und wie wichtig es jetzt ist, zu handeln.

Es braucht also neue Formate, mehr Mut und ein anderes Narrativ. In Redaktionen muss das Thema positiv besetzt und mit der Frage verbunden sein, was das bringt, statt was das kostet. Ziel sollte sein, den Nachhaltigkeitsjournalismus sexy zu machen. Dazu gehört

  • Die Vernetzung mit anderen Disziplinen,
  • Die häufigere Verwendung von Bildreportagen und Videokolumnen, um Natur erlebbar zu machen. Denn Erlebtes will man viel eher schützen, als Nicht-Erlebtes,
  • Mehr Konfliktfreude
  • Sensorjournalismus – also die Ansprache aller Sinne mittels neuer Technologien und
  • Die mit dem Leser gemeinsame Entwicklung von Lösungsansätzen im sogenannten konstruktiven Journalismus.

Fakten sind also genauso sorgfältig zu recherchieren wie sonst, aber ganz anders zu vermitteln.

Nachwuchs richtig fördern

Das ist es auch, was der Nachwuchs lernen muss. Die Generation an Journalistenschülern und -schülerinnen, die jetzt die Akademien stürmen, brennen für Aktivismus gegen Klimawandel wie keine Generation zuvor. Die Herausforderung: Sie dürfen nicht unkritisch alles feiern, was sich vermeintlich für das gleiche Ziel einsetzt.

Aktivismus ist in Ordnung, solange die Argumentation und die Faktenbasis immer sauber bleiben. In keinem Fall darf auf die Trickkiste der AfD zurückgegriffen werden, indem nur Ausschnitte der Wahrheit zum Zwecke der Verschleierung des Gesamtbildes gezeigt werden.

Was wollen Sie im Nachhaltigkeitsjournalismus sehen? Welche Formate begeistern Sie? Und sind Sie der Meinung, JournalistInnen sollen Haltung zeigen oder lieber rein informativ und neutral berichten?

Steigen Sie ein in den Dialog. Wir freuen uns auf Ihre Meinungen.

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