17. September 2020 | cultundcomm | 0 comments

Wohin geht die Reise in Payment und Handel?

Selten war die Schnittstelle zwischen Handel & Payment so interaktiv und beweglich – Zeit, Trends absehbar zu machen und als Thought Leader zu agieren, besonders als Zahlungsverkehrsdienstleister. Onlinehändler und Plattformbetreiber Otto macht es vor und verkündet vergangene Woche, dass er nun einen eigenen Zahlungsverkehrsdienstleister aufbauen will (SZ berichtet). Liegt hier tatsächlich ein Trend im Bereich Payment und Handel oder wäre eine andere Strategie vielleicht besser – eine Analyse.

Otto hat sich seit seiner Gründung als Versandhändler den Trends im Handel immer wieder angepasst und sich neu aufgestellt. Vom Versandhändler wurde das Unternehmen so zum Onlinehändler, der – ähnlich wie Amazon oder Ebay – eine eigene Plattform für Händler aufgebaut hat und so dem Trend zur Plattformökonomie gefolgt ist. Diese Plattform wird jetzt zur Basis für Ottos neuestes Geschäftsmodell als Zahlungsverkehrsdienstleister.

Um welche Prozesse handelt es sich dabei?

Der Bedarf an Zahlungsverkehrsdienstleistern ist und bleibt hoch – und die Corona-Krise hat dem ganzen noch einmal einen Schub gegeben. In die Prozesse bei Kartenzahlungen sind neben Kunden und Händlern weitere zwei Parteien involviert:

  1. Der Issuer, der dem Kunden eine Kreditkarte oder Debitkarte ausstellt, um Zahlungen durchzuführen – also die Bank des Kunden
  2. Der Acquirer – der Bankpartner des Händlers. Dieser stellt die vertragliche und technische Verbindung zum Kartenakzeptanznetz her und dem Händler das Kartenterminal zur Verfügung. Er führt außerdem das Händlerkonto, das ihm ermöglicht, Kartenzahlungen zu akzeptieren.
    Der Acquirer ist nicht zu verwechseln mit der eigentlichen Händlerbank.

Alle dieser Parteien erhalten pro Transaktion einen prozentualen Anteil am Transaktionswert als Gebühr – so finanzieren sie sich. In manchen Prozessen werden Issuer und Acquirer in einer Partei zusammengefasst, die übrigen Prozesse bleiben aber die gleichen.

Otto kann seinen Kunden als Zahlungsverkehrsdienstleister also Ratenzahlung anbieten, Risiken kalkulieren, Garantie und Rückversand übernehmen und alle Daten seiner Nutzer – natürlich datenschutzgerecht – analysieren, verwerten und ein eigenes Servicegeschäft daraus machen.

Macht ein solcher Schritt langfristig Sinn?

Das kommt darauf an.

Im Zahlungsverkehr sinken zunehmend die Umsätze pro Transaktion für Zahlungsverkehrsdienstleister. Regulierungsbehörden machen Druck und die allgemeine Bereitschaft sinkt, für Zahlungsvorgänge zu zahlen. Dazu kommt, dass die großen, global aktiven Händler auf eine Senkung der Transaktionskosten drängen, um kleinere Anbieter aus dem Markt zu bieten.

Eine Konsolidierung ist also durchaus sinnvoll. Für große E-Commerce Unternehmen wie Otto mit eigener Händlerplattform ist es logisch, den Schritt des Aufbaus eines eigenen Zahlungsverkehrsdienstleisters zu gehen.

Mit der Weiterentwicklung der Händlerplattform, des Produktportfolios und ergänzender Dienstleistungen sowie der Erschließung neuer Märkte schlägt Otto dann künftig zwei Fliegen mit einer Klappe: Das Unternehmen erhöht die Einnahmen durch Händlergebühren und die entsprechend anfallenden Transaktionsgebühren.

Am Ende können wir Zahlungsexperte Ernst Stahl also nur zustimmen, wenn er in der SZ vom 08. September feststellt, dass Otto mit diesem Schritt einen wichtigen Trend richtig erkannt habe. Hier liegt ein lukratives Geschäftsmodell. Wer sich aber nachhaltig aufstellen möchte, ist gut beraten, sich von Anfang an strategisch zu positionieren.

Was werden wir in Zukunft noch im Bereich Payment und Handel sehen? Wer sind die Kandidaten als neue Zahlungsverkehrsdienstleister nach dem Beispiel von Otto? Welche (internationalen) Fusionen wird es geben, um den globalen Playern Parole bieten zu können?

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